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Amiet brachte die Farbe in die Schweizer Kunst

Peter Killer hat zeitweise selbst auf der Oschwand gelebt. Er hat als Kunstvermittler zu Amiet geforscht und Amiet in Texten und Ausstellungen in Szene gesetzt.

Für die Berner Zeitung schrieb Peter Killer 2011: «Prometheus hat der Menschheit das Feuer gebracht; Amiet der Schweizer Kunst die Farbe! Amiets Popularität ist aber nie so gross geworden wie seine kunstgeschichtliche Bedeutung. Diese Diskrepanz hat verschiedene Ursachen. Im Gegensatz zu Hodler oder Segantini, mit denen Amiet befreundet war, gibt es in der Kunst Amiets keine spektakulären, leicht einprägsamen Sujets. Amiet hat immer wieder seinen Garten, die Umgebung, Stilleben und Bildnisse gemalt. Seine Kunst ist zu still, zu demütig-bescheiden, als dass sie einen Platz im Bewusstsein der grossen Masse hätte bekommen können.

 

Amiets Popularität steht seine Hauptqualität im Wege. Amiet brachte die Farbe zum Klingen, er ist der farbmusikalischste aller Schweizer Maler. Es gibt sehr viele Maler, die keinen oder nur einen schwach ausgebildeten Farbensinn haben; und noch viel mehr trifft das aufs Publikum zu. (Den meisten Zeitgenossen ist das nicht bewusst, nicht so den Architekten: Wenn sie sich versammeln, sieht man nur schwarze Hosen, schwarze Hemden, schwarze Pullover! Mit der Nichtfarbe Schwarz liegt man farblich immer richtig.) Die so reich differenzierte Kunst Amiets braucht einen zum differenzierten Wahrnehmen befähigten Betrachter. Das ist die Krux.»

 

Amiets Suche nach dem «wahren Ganzen»

Noch im Alter von 75 Jahren sprach Amiet im Vorwort zu seiner Monografie von Albert Baur von seinem lebenslangen, «unablässigen Bestreben und Versuchen, ein wahres Ganzes zu erreichen». Dieser Hinweis auf das Bild als Ganzes, als harmonische Einheit bildet auch die Basis, die immer wiederkehrende Empfehlung, die der Malpädagoge Amiet seinen Schülerinnen und Schülern mitgab. Der Freund und Künstler Werner Miller berichtet davon, ebenso wie der Enkel Peter Thalmann, der seine künstlerische Ausbildung auch bei Amiet erhalten hatte.

So schreibt die Kunsthistorikerin Viola Radlach in ihrem Aufsatz «Das Werk im Kontext seiner schriftlichen Zeugnisse».

«Mache keinen Strich, ohne an seine Beziehung zum Ganzen zu denken», zitiert Miller seinen Lehrer. «Meine ganze Schülerzeit war ausgefüllt mit dem Bemühen um dieses Sehen im Ganzen. Immer wieder riet mir der Meister: halte den ersten Eindruck dieses Ganzen fest, schreibe dir ihn auf. Du wirst staunen, wie weit du davon abkommen kannst. Werde nicht müde, alle Töne, überhaupt alle Elemente Deines Bildes, untereinander zu vergleichen.»

Und sollte es einmal gar nicht mehr vorwärts gehen, übernahm Amiet die Palette des jungen Künstlers: «Mit leichten, aber kühnen Strichen malte er in mein Bild hinein, rückte die grossen Massen zurecht, gab hier einer Form grosszügige Fülle, stellte ihr dort eine andere entgegen – dabei immer der Form der Farbe folgend und nicht der Dinge – und legte auch schon mit leichten Andeutungen (...) die Gegensätze der Farben an. Nie blieb er lange an einer Stelle hängen (...), sondern arbeitete, bald hier, bald dort, immer am Ganzen und aufs Ganze hin.»

Amiet online

Die Fachleute im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaften SIK_ISEA befassen sich seit Jahren intensiv mit Leben und Werk von Cuno Amiet. Dazu ist auch ein zweibändiger Werkkatalog gedruckt erschienen. Alle bisher erhobenen Daten und Texte sind hier online greifbar.

 

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